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So groß das Verlangen nach Neuland war, die Siedler hielten sich vom Wald fern, der sich zwischen dem 10.Jahrhundert gegründeten Mark Meißen und dem Land Böhmen über mehrere tausend Quadratkilometer erstreckte. Das Waldland wirkte abschreckend, weil das Roden große Mühe verursachte, der Waldboden wenig ergibig und das rauhe Gebirgsklima selten wachstumsfördend war. Der Wald diente lediglich als Holzqelle, Jagd und Bienenzucht, auch als Waldweide für das Vieh, wurde dafür aber hauptsächlich an den Rändern genutzt.
Da Böhmen jedoch abhängig von Salzlieferungen aus dem Raum Halle war, gab es seit alter Zeit eine "Straße" durch den Wald.
Sie führte über Leipzig, Wurzen, Döbln, Oederan nach Brüx und schließlich nach Prag. An ihr errichteten die böhmischen Herren auf Osseg eine Zollstation, die sich bald zur Stadt Sayda
entwickelte. Graf Borso ließ eine Burg am Übergang über die Flöha bauen, den nach ihm benannten
Borsenstein (heute Purschenstein).
Als 1254 die Burg Borsenstein mit den zu ihr gehörenden Dörfern und der Stadt Sayda dem Markgrafen von Meißen abgetreten wurde, verschoben sich Grenze und Zoll weiter nach Süden;
es entstand Einsiedel.
Die Borsensensteinischen Dörfer waren etwa Ende des 12., Anfang des 13 Jahrhunderts gegründet worden. Zu der Zeit hatte das Verlangen nach Neuland einen Grad erreicht, der auch vor Rodungen im Gebirgswald nicht mehr zurückschreckte. Im Zuge dieser Kolonisation wurde die Landschaft grundlegend verändert.
Vom einst flächendeckenden Wald blieben nur noch Reste zwischen den Siedlungsdörfern bestehen,
lediglich der Kamm des Gebirges blieb weithin unangetastet. Cämmerswalde war eine der Siedlungen, die am nächsten an den Gebirgskamm und damit an unbesiedeltes Waldgebiet heran reichten. Der Name des Ortes erinnert noch an die böhmischen Herren auf Osseg bzw. Riesenburg, die bis 1253 Oberstkämmerer des Königreiches Böhmen waren.
In dem von der Mark Meißen her besiedelten Waldgebiet war 1156 bei Christiansdorf Silbererz zutage getreten. Deshalb erblühte hier innerhalb kurzer Zeit der Bergbau. Die Bergmannssiedlung erhielt bald das Stadtrecht und den Namen Freiberg. Christiansdorf ging in dieser Stadt auf. Der Bergbau im Freiberger Revier hatte im 15. Jahrhundert seine Blütezeit überschritten, wenn er auch erst 1968 zum Erliegen kam. Deshalb wurde die Suche nach Erzen weiter ins Gebirge hinauf vorangetrieben. Unter Anderen wurde auch in Dorfchemnitz und Clausnitz nach Erzen geschürft. Der Clausnitzer Bergbau ist bereits 1460 bezeugt, der Dorfchemnitzer 1567.
Im Zusammenhang mit der Verarbeitung des Erzes war im Wolfsgrund bei Dorfchemnitz ein Hammerwerk eingerichtet, das gemäß einer Dorfchemnitzer Chronik am 06. Juni 1567 von dem Dresdener Ratsherren Hans Haase gekauft wurde. In Clausnitz gab es eine Schmelzhütte, die noch am 19. April 1567 im Besitz von Hans Beier, Bürger in Freiberg und Schlossherr von Lauenstein war, zu einem nicht bekannten Zeitpunkt aber ebenfalls in den Besitz von Hans Haase überging. Bodenproben von der Schmelzhütte haben ergeben, dass hier vor allem Eisen, aber auch Kupfer gewonnen wurde.
Zum Betrieb des Hammerwerkes wie auch der Schmelzhütte waren erhebliche Mengen von Holzkohle vonnöten. Holz war aber auch durch den Bergbau und die Verhüttung des Erzes knapp geworden.
Nur auf dem weithin unbesiedelten Kamm des Gebirges gab es noch nutzbare Wälder. Sowohl die
Freiberger Bergherren als auch die kleineren Bergunternehmer standen deshalb immer wieder in Verhandlung mit den böhmischen Waldbesitzern.
1586 kaufte Hans Haase von Georg von Lobkowitz auf Dux Stockraum für 600 Taler. Das Waldrevier, das ihm zugewiesen wurde, lag beim Geiersberg, nahe der sächsischen Grenze, für Haase also recht günstig gelegen. Nach und nach ließ er das Holz schlagen und an Ort und Stelle in Meilern verkohlen.
Die Frage war aber, wie die so gewonnene Holzkohle nach Clausnitz bzw. Dorfchemnitz transportiert werden konnte. Von Rechts wegen hätte Haase die Holzkohle auf einem weiten und beschwerlichen Umweg über Einsiedel und Sayda, über die öffentliche Geleitstraße also, fahren müssen. Die Kosten dieses Transportweges wären aber abgesehen von der Zollgebühr enorm hoch gewesen.
Ganz entschieden kürzer und weniger beschwerlich war die Überquerung über die Flöha bei Cämmerswalde und über die Feldraine Cämmerswalder Bauern nach Clausnitz und weiter nach Dorfchemnitz. Das war jedoch ein illegaler Weg. Haase scheute sich jedoch nicht, diesen einzuschlagen. Er legte also starke Holzbohlen über die Flöha, die ein Stück weiter an der Südostseite Cämmerswaldes auch die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen bildete. Dann fuhr er weiter über die Feldraine der Cämmerswalder Bauern nach Clausnitz bzw. Dorfchemnitz.
Sobald der Herr von Schönberg auf Purschenstein davon erfuhr, ließ er die Holzplanken wegnehmen und vor die Feldraine der Cämmerswalder Bauern Pfähle einschlagen, so daß hier die Durchfahrt gesperrt war. Haase legte aber etwas unterhalb erneut Holzbohlen über die Flöha und benutzte die unverpfählten Feldraine, um nach Clausnitz bzw. Dorfchemnitz zu gelangen. Nunmehr ließ der Purschensteiner Herr Haasens Fuhrwerke abfangen und nahm sie in Pfand.
Das Recht war zweifellos auf Purschensteiners Seite, doch Haase wandte sich an den Kurfürsten, der ihm auch tatsächlich beistand und zwischen ihm und dem Purschensteiner vermittelte. Dieser musste
Haase die Überquerung der Flöha gestatten. Haase hatte aber dem Purschensteiner jährlich 12 Gulden für entgangene Zolleinnahmen zu zahlen.
Außerdem wurde ihm auferlegt, eine steinerne Brücke über die Flöha zu bauen und den Weg nach Clausnitz zu befestigen. Auf diese Weise wurden die Voraussetzungen für die Eröffnung einer neuen Geleitstraße geschaffen.
Der böhmische Herr, Georg von Lobkowitz, ließ den kahlgeschlagenen Stockraum Haases nicht wieder aufforsten, sondern gab ihm zur Besiedlung frei. Diese Siedlung wurde nach ihm Georgendorf benannt, auf sächsicher Seite jedoch wurde der Ort bis ins vorige Jahrhundert hinein Georgenthal genannt. In einer Urkunde vom 21. September 1599, in der der Rat der Stadt Freiberg in Holzangelegenheiten eine Auseinandersetzung mit dem Herrn auf Dux führte, wird dieses Georgenthal erwähnt und gesagt, es sei sieben Jahre zuvor, das wäre also 1592, gegründet worden.
Zu untersuchen wäre auch, woher die Siedler 1592 kamen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn ein Teil von ihnen von Sachsen nach Böhmen übergesiedelt wäre. Jedenfalls gab es in Georgenthal Namen, die auch in den sächsischen Grenzorten geläufig waren. Zumindest ein Teil der Bewohner war evangelischer Konfession. Sie kamen zu Taufen, Trauungen und wohl auch zu Gottesdienst und Abendmahl nach Cämmerswalde oder nach Clausnitz. Als 1649 die Cämmerswalder Kirche durch einen Maler aus Freiberg renoviert wurde, beteiligten sich zahlreiche Einwohner aus Georgenthal und Fleyh mit Spenden. Doch der Druck auf die Evangelischen wuchs, und am 29.03.1659 erteilte ihnen der Kurfürst die Erlaubnis, sich auf einem gerade geschlagenen Teil seines Waldes südlich der Flöha am Wernsbach anzusiedeln. So entstand die Exulantensiedlung Neuwernsdorf. Nochmals kamen 1668 zahlreiche Exulanten und vergrößerten die Siedlung Neuwernsdorf.
Um günstiger böhmisches Holz zu den Freiberger Schmelzhütten transportieren zu können, hatte der sächsische Kurfürst 1623 einen Flößgraben von der Flöha unterhalb von Fleyh her über
Georgenthal, Cämmerswalde und Clausnitz zur Mulde anlegen lassen. Ein kurfürstlicher Floßmeister,
ein Floßschreiber und Anweiser hatten ihren Sitz im oberen und niederen Floßlohnhaus in Georgenthal. Sie gehörten aber zur Kirchengemeinde Cämmerswalde und hatten in der Cämmerswalder Kirche eine sogenannte Betstube inne.
Auch darüber hinaus knüpften sich mancherlei Beziehungen zwischen den benachbarten Grenzorten und die Haasenbrücke war längst ein öffentlicher Grenzübergang geworden. Anfänglich hatte der Purschensteiner Herr dem Rat der Stadt Sayda die Aufsicht über diesen Grenzübergang übertragen. Es gab deshalb an der Haasenbrücke ein Saydaer Wachhaus, in dem auch der Zoll kassiert wurde. 1761 wurde es an den Müller an der Haasenbrücke verkauft. 1696 erlaubte ein Cämmerswalder Bauer einem gewissen Hetze aus Niederseiffenbach, sich am unteren Rande seines Grundstückes ein Haus zu bauen. Ein Schwiegersohn von ihm erhielt etwas später die Erlaubnis zum Bau einer Mühle an der Haasenbrücke. Im Laufe des vorigen Jahrhunderts bürgerte sich für diese Häuser an der Haasenbrücke die Bezeichnung Deutsch-Georgenthal ein.