Gerichtsbezirk Katharinaberg

Gemeinde Gebirgsneudorf

Geschichte

Kirche

Wirtschaftliche Entwicklung

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Geschichte

Der Pass von Gebirgsneudorf einer der niedrigsten Übergänge über das Erzgebirge. Einer der zahlreichen Saumpfade führte auch durch das Flöha- und Schweinitztal von Sachsen nach Böhmen. Es spricht einiges dafür, dass zum Schutz vor räuberischen Überfällen und für Vorspanndienste an den steilen Gebirgsstraßen entlang dieser Wege Leute angesiedelt wurden. Eine dieser Siedlungen war wohl das alte "Rottendorf", der ursprüngliche Name unseres Ortes. Er kommt von den "Rott-Diensten", das waren Vorspanndienste. Aus dieser Frühzeit ist kein Gründungsakt überliefert. Das Gotteshaus ist allerdings schon 1384 in einem Zinsverzeichnis aufgeführt. Als die Hussiten 1429 mordend und plündernd über das Erzgebirge gen Norden zogen, wurden die Hütten und die Kirche niedergebrannt.

Epitaph von Ursula und Magdalena von der Weitmühl

Übereignungsurkunde von 1689
Kirche von Gebirgsneudorf

Die Kirche von Gebirgsneudorf 1930

Der große Bergherr Sebastian von der Weitmühl war durch Erbschaft und Kauf zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch Grundherr von Katharinaberg und den umliegenden Dörfern geworden. Während seiner Herrschaftszeit wurde eine Reihe von Orten gegründet. Es waren planmäßig angelegte Siedlungen.

Durch einen Lokator ließ er zwischen 1480 und 1530 das untergegangene Rottendorf als Waldhufendorf neu anlegen. Die Grundstücke verliefen vom jeweiligen Hof bis zum Wald. Die Hufen waren ca. 3,5 ha bis 11 ha groß. Die Hutweiden für das Vieh und der Wald waren Gemeinschaftsbesitz. 48 Siedler aus Franken und dem Harz machten das steinige Land urbar. Er ließ auch eine Kirche bauen, der er 1537 eine Glocke stiftete. Sebastian von der Weitmühl starb am 13.11.1549. Die Töchter Anna und Magdalena von der Weitmühl übereigneten am 4. April 1564, einem Osterdienstag, auf der Brüxer Burg den 48 Siedlern ihre Grundstücke als "erblichen Besitz".

Die neue Ansiedlung erhielt wieder den Namen "Rottendorf". Nickelsdorf und Ladung hatten andere Feldereinteilungen. Diese Siedlungsformen blieben in ihren Grundzügen bis zur Vertreibung fast unverändert.

In dem Verkaufskontrakt den Kaiser Rudolf II. am 13.März 1585 mit Ladislaus von Lobkowitz dem Älteren abgeschlossen hat, wurde das Brüxer Schloß und zahlreiche andere Orte und Höfe an Letzteren übereignet. Darunter war auch Rottendorf.

In einer Vergleichsurkunde des Kaisers Leopold I. vom 2. Oktober 1689 musste die Stadt Brüx an den Grafen Ferdinand Wilhelm von Lobkowitz neben anderen auch "...das gantze Dorf Neudorff ..." an Lobkowitz verkaufen. Seither gehörte Gebirgsneudorf (das frühere Rottendorf) zur Grundherrschaft des Schlosses Eisenberg.

Der zur Gemeinde Gebirgsneudorf gehörende Ort Nickelsdorf wurde zwischen 1595 und 1599 gegründet. Der Ursprung des Ortsteils Ladung dürfte bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Die Gründungsurkunde ist auf 1590 datiert. Der heute zu Obergeorgenthal gehörende Ortsteil Marienthal wurde erst 1828, zusammen mit dem Bau einer Baumwollspinnerei, gegründet. Die dortige Brettmühle ist aber bereits 1564 als zu Gebirgsneudorf gehörig bezeichnet.

Das Revolutionsjahr 1848 brachte auch in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie eine Reform des gesamten Verwaltungsapparates. Kaiser Ferdinand I. verkündigte mit Hofdekret vom 7. September 1848 die Aufhebung der Leibeigenschaft und der Zinspflichtigkeit. Der Grundbesitz wurde Privateigentum. Anstelle der "Urbarien und Roboten" waren nun Steuern und Abgaben an den Staat und die Gemeinden zu zahlen. Der ganze Staat wurde völlig neu organisiert und strukturiert.

Die Kirche

Wie eingangs schon erwähnt, besaß das damalige Rottendorf, das spätere Gebirgsneudorf, bereits 1384 ein zinspflichtige Kirche. Der Brüxer Burgherr Sebastian von der Weitmühl errichtete wahrscheinlich zwischen 1520 und 1530 eine aus Stein gebaute Nachfolgekirche. Ihr stiftete er auch 1537 eine Glocke.
Auf Bitten seiner Untertanen ließ der damalige Grundherr Bohuslav Joachim von Lobkowitz die bis dahin katholische Kirche von 1591 bis wahrscheinlich 1628 in ein evangelisches Bethaus umwandeln. Da das Haus Habsburg fest zum katholischen Glauben hielt mussten die Protestanten das Land verlassen. Dieser Aderlass hat der Monarchie beinahe zweihundert Jahre gekostet, bis sie wieder mit Deutschland Schritt halten konnte.
Von 1690 bis 1768 zogen sich die Verhandlungen für die Errichtung eines neue Gotteshauses hin. Der Siebenjährige und der Bayer. Erbfolgekrieg brachten weitere Verzögerungen. Am 19.September 1784 war dann der Bau vollendet.

Nach der Vertreibung fast der gesamten Dorfgemeinschaft im Jahre 1945/46 fanden in der Kirche nur noch alle vier Wochen Gottesdienste statt. Ab 1994 wurden sie ganz eingestellt. Seither verfällt die denkmalgeschützte Kirche.

Der Ortsteil Nickelsdorf erhielt um 1880 eine kleine Kapelle. Als diese 1907 einem Blickschlag zum Opfer fiel, wurde anschließend eine größere Kapelle gebaut. Sie wurde um 1973 abgerissen.

Wirtschaftliche Entwicklung:

Die "Wackelente", ein typisch erzgebirgisches Holzspielzeug

Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert lebte das Erzgebirge hauptsächlich vom Erzbergbau. In unserer Umgebung lag der Schwerpunkt in Katharinaberg. Die Bewohner von Gebirgsneudorf waren fast alle Waldarbeiter. Holz fand im Bergbau vielfältige Verwendung. Als die Erzausbeute immer geringer wurde, zogen viele Bergleute in andere Reviere. Die Sesshaften mussten sich andere Erwerbsquellen erschließen. Die Lohgerberei, die schon über Jahrhunderte ihren Meister ernährte, gewann an Bedeutung.

Die steinigen Erzgebirgsfelder eigneten sich gut für den Leinanbau. Aus den Stängeln wurde Flachs und aus den Fruchtkapseln das nahrhafte und vielfach verwendbare Leinöl gewonnen. Die Spinnräder und Webstühle hielten in den Stuben der Erzgebirger Einzug. Das tägliche Brot wurde von nun an hauptsächlich durch Spinnen, Wirken, Weben und Walken verdient. Als um die Mitte des 19. Jahrhundert die mechanischen Wegstühle aus England auch in unserer Gegend Einzug hielten ging es mit der Hausweberei und Wirkerei bergab. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren fast alle verschwunden.

Auch die Holzbearbeitung gewann ab dem 17. Jahrhundert an Bedeutung. Der Rohstoff wuchs vor der Haustür. Aus Holz wurden viele Dinge des täglichen und technischen Bedarfs gefertigt. Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Spielwarenherstellung immer wichtiger. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sie sich beiderseits der böhmisch-sächsischen Grenze zum zentralen Wirtschaftsfaktor. In den vier Adventswochenenden wurde ab 1925 zunächst in Katharinaberg und später auch in Gebirgsneudorf ein Weihnachtsmarkt abgehalten. Feilgeboten wurden Holzspielwaren, aber auch Schlitten, Skier, Kunstblumen und zahlreiche Bücher. Mit der Vertreibung der Sudetendeutschen fand dieses Handwerk 1945 auf der böhmischen Seite ein jähes Ende.

Seit der Zeit der Ortsgründung bis in die jüngste Gegenwart war für viele Menschen die Waldarbeit ein sicheres, wenn auch bescheidenes Einkommen.

Als ab der Mitte des 19. Jahrhunderts am Fuße des Erzgebirges die Kohlegewinnung im industriellen Maßstab betrieben wurde, nahmen wegen des besseren Lohnes auch immer mehr Männer aus den Gebirgsdörfern den mehrstündigen Marsch zu den Kohlegruben "im Land" auf sich. So blieb es bis zur Vertreibung.

Als die Deutschen 1945 bis 1946 aus dem Land vertrieben wurden erloschen alle hier heimisch gewordenen Handwerke und Gewerbe.

Erich Philipp



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