Fritz Sauerstein ist tot

Nachruf auf den Heimatkreisbetreuer und Obmannstellvertreter der Heimatgemeinden des Bezirkes Brüx e.V.

Bei der Beisetzung des Verstorbenen am 20. Juni 2008 in Hamm hielt Peter Wesselowski, der Sprecher der Heimatgemeinden des Kreises Brüx, diese Trauerrede:

Liebe Sieglinde, verehrte trauernde Familienangehörige, verehrte Trauergemeinde,
unser Dichter und Sänger des Erzgebirges, Anton Günther, schrieb einmal über „das Beste im Leben“:

Fritz Sauerstein
Fritz Sauerstein nach der Verleihung der
Verdienstmedaille des Verdienstordens der
Bundesrepublik Deutschland
am 14. Dezember 2006

„In onnern Laabn es Beste wuhl
des is net Gald on Gut,
des is a klaaner Funken när
daar tief in Herzen ruht.
Daar Funken drinne in der Brust,
dos is a rechtes  Gemüt
mer spurt s ganz gut, wie s brenne tut,
wenn Freid on Laad durchzieht.“

Unser Verstorbener Fritz Sauerstein hatte mehr als einen Funken im Herzen.
Sein Herz, sein Gemüt hatten Liebe und Kraft für die vorbildlich liebevolle Ehegemeinschaft mit seiner Frau Sieglinde, rührend besorgt um deren Gesundheit, erfüllt lebend durch gemeinsame Interessen und noch viele schöne Pläne für die Zukunft.
Fritz Sauerstein war auch ein vorbildlicher Familienmensch!
Wir durften bei gemeinsamen Tagen vergangene Woche in Deutscheinsiedel, Katharinaberg, Obergeorgenthal und Brüx in Gesprächen immer sein Wohlgefallen und seinen Stolz an seinen Kindern und Enkelkindern vernehmen.

Der Verstorbene war aber über seine leibliche Familie hinaus geschätztes und beliebtes Mitglied einer ganz großen Familie, die heute trauernd Abschied nimmt, die weit verstreut lebt über Deutschland, Österreich und Tschechien, die heute an ihn denkt und beim Vernehmen der Todesnachricht ungläubig verstummen und trauern wird.

Fritz Sauerstein war für unsere vertriebenen Menschen, nicht nur aus seinem Geburtsort Obergeorgenthal, sondern für alle Gemeinden des ehemaligen Bezirkes Brüx – von Katharinaberg und Gebirgsneudorf im Erzgebirge über Oberleutensdorf und Brüx, bis Hawran, ganz im Süden – stellvertretender Obmann und Heimatkreisbetreuer mit all seinen Fähigkeiten unerschöpflich kreativ und treu verbunden.

Ihm war nach schöner Kindheit und Jugend im Elternhaus, mit dem erfolgreichen Schulbesuch der Handelsakademie zu Teplitz eine gute Grundlage gegeben, den furchtbaren Krieg mit Vertreibung als junger Soldat zu überstehen und hier in Hamm Familie und beruflichen Erfolg zu begründen.
Hier in Hamm gedachte er aber immer seiner eigentlichen Heimat – von Obergeorgenthal, der großen Wälder hinauf zum Erzgebirge, der urwüchsigen Natur im Kontrast zu der nachwachsenden Industrie, gleich vor der Haustür bis Oberleutensdorf – Bruch – Brüx.
Und wieder mögen für ihn die Worte von Anton Günther im Gedicht – „Mein Vaterhaus“ stehen:

Letztes Foto von Fritz Sauerstein
Letztes Foto von Fritz Sauerstein

„Do draußen in der fremden Welt,
do find ich halt koa Ruh,
de Haiser sei do ganz aus Staa
de Menschen aah e su.
E jeder singt e andersch Lied,
doch mitten drinne raus,
do klingt s on ruft s: Vergaß fei net
derham dei Vaterhaus!”

Er hat sein Vaterhaus nicht nur nicht vergessen, sondern für sich und für uns, den Vertriebenen aus dem ganzen Bezirk wieder gewonnen – nicht im Materiellen, aber in der Aufarbeitung und Dokumentation der Geschichte und der Kultur.
Er hat alle Ortsbetreuer regelmäßig zu Seminaren auf den Heiligenhof zu Bad Kissingen zusammengeholt und zu schöner Gemeinschaft geführt – heute vertreten durch Frau Kuckuck und Herrn Härtel.
Wer persönlich zu diesen Gemeinschaftstreffen, aufgrund von Alter und Gebrechlichkeit nicht mehr kommen konnte, war immer dabei bei der Lektüre seiner Beiträge in der Brüxer Heimatzeitung und in der besonderen Zeitung der Jertener.
Es mag ihn in den letzten Tagen seines Lebens Genugtuung gewesen sein, als er in Deutscheinsiedel und Katharinaberg beim Nennen seines Namens von vielen Menschen, die ihm zum ersten Mal persönlich begegneten dankbar auf seine Berichte angesprochen wurde.
Die erfolgreiche Wiederbelebung der Jertener Wallfahrt war sein besonders liebes und erfolgreiches Kind. Hier gelang ihm, nach der Zeit des Kommunismus , die alte Tradition wieder lebendig werden zu lassen.
Voll Stolz und mit Schmunzeln hat er noch wenige Tage vor seinem Tod beim Rundgang um die Kirche von seiner Zeit als Ministrant gesprochen und danach mit dem Generalvikar von Leitmeritz den nächsten Gottesdienst vereinbart.

In dieser Tätigkeit war er auch ein Brückenbauer für die Zukunft!
Trotz Vertreibung und Enteignung entwickelte er ein aufbauendes Verhältnis zu den jetzigen tschechischen Bürgermeistern von Obergeorgenthal und Brüx. Bei letzterem waren wir noch im Rathaus zu einem Gespräch mit Einladung zu künftigen gemeinsamen Projekten und Treffen gastlich aufgenommen worden.

Fritz Sauersteins erfolgreiches und gewinnendes Wirken war begründet in einer außergewöhnlichen Solidität seines Charakters, gepaart mit großem Wissen und Können und einer Sachlichkeit und Bescheidenheit, die ihn uns für viele Jahre seines ehrenamtlichen und uneigennützigen Wirkens zum festen Halt unserer weit verstreuten Menschen werden ließ.
Wir waren stolz, dass sein rastloser Einsatz um andere Menschen von unserer Gesellschaft und der Regierung mit dem Bundesverdienstkreuz  gewürdigt wurde.

Heute erkennen immer mehr Verantwortliche in Staat und Gesellschaft, dass Heimat nicht nur für Vertriebene ein immerwährender existentieller Wert ist – Heimat zu haben und zu erhalten, egal ob bedroht durch Kriege oder Natur- und Umweltkatastrophen – ist auch in Zukunft Voraussetzung  für menschliches Leben.
Fritz Sauerstein hat dies, ohne großes Tönen, aber über viele Jahre, für viele Menschen, für sein Jerten, für viele Gemeinden unermüdlich vorgelebt.

Wir können ihn nicht ersetzen. Er wird uns stets Anreger und Vorbild sein.
Möge uns hoffentlich mit vielen Menschen gelingen, das fortzusetzen, was er allein mit seiner Ehefrau Sieglinde leistete!
Sein Bericht über das letzte Heimatkreistreffen endet wegweisend mit den Worten:
“Unsere Heimat, das Land unserer Vorfahren ist nur dann verloren, wenn wir es selbst aufgeben. Die kulturellen Werte der vergangenen Jahrhunderte zu bewahren, ist heute mehr denn je unsere Pflicht, wir sind es den nachwachsenden Generationen auf beiden Seiten schuldig (den deutschen und tschechischen) Glück auf!“

Lieber Fritz,
mit Dir hatten wir einmalig viel Glück!
Gott vergelte Dir, was Du Gutes getan hast.
Dein Körper wird heute bestattet – Dein Leben und Wirken werden bei uns reich und lebendig bleiben!
Ruhe in Gottes Frieden!

Dein Peter Wesselowsky
als Heimatbruder und Sprecher der Heimatgemeinden des Bezirkes Brüx

 



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